Chilli Jazz 2011 die schweiz SPIELT SICH frei 23. - 25. September 2011im Künstlerdorf Neumarkt an der Raab Fr., 23. September 2011 ab 20 Uhr
I) Jacques DEMIERRE & Maggie NICOLS
II) PLAISTOW
III) lyrics/poetry
Sa., 24. September 2011 ab 20 Uhr
I) trio FRIEDLI - STUDER - ULRICH
II) Schweizer Holz Trio
III) OBJETS TROUVES
So., 25. September 2011 12 bis 14 Uhr
objets trouvés Hört man sich in der improvisierten Musik - vor allem in der Jazzverwurzelten - etwas um, müsste einem eigentlich immer wieder überraschen, wie wenig Interesse den funktionalen Möglichkeiten der Komposition entgegengebracht wird. Kaum jemand scheint Anstoss daran zu nehmen, dass in dieser Musik sich Komposition und Improvisation noch wie in ihren ersten Tagen polar gegenüberstehen, odersich in formalen Konzepten gegenseitig ‚erfüllen'. Ihre innere Abhängigkeit, die Schlüssigkeit des Zusammenhangs zwischen den Polen mag unterschiedliche Grade erreichen, aber fast nie gehen ausgeschriebene Passagen über ihre traditionelle Funktion hinaus, einfachste Ordnungsprinzipien zu schaffen. Die Musik von objets trouvés sucht nach vielfältigeren Möglichkeiten, komponiertes und improvisiertes Material in eine fruchtbare, musikalisch zwingende Abhängigkeit zu bringen: Von der völlig freien Sequenz über sorgfältig durchdachte Skizzen, die strukturelle, rhythmische oder harmonische Energiefelder abstecken, bis hin zum ausgewachsenen, traditionellen ‚Thema' ist alles verfügbar geworden. Die so gewonnenen, vielfältigen Gestaltungsbausteine lassen die vier MusikerInnen spontan die unterschiedlichsten Aggregatszustände in immer neuer Form und zu immer neuen Formen auf - und abbauen. Und was wird schliesslich hörbar? Die Kritiker Christoph Merki und Beat Blaser haben es nach dem Auftritt von objets trouvés am Jazzessenz - Festival Aarau folgendermassen beschrieben: "Konpositionen ? (...) Gabriela Friedli ist in ihren Stücken mehr an Konstellationen interessiert, sozusagen an den Basisstrukturen der Musik. Ihre schillernde, überraschungsreiche Musik versucht nicht auf billige weise zu überreden, nein, die Texturen sind offen und im positiven Sinne undefiniert. Da konnten fulminante Klanggewölbe entstehen genauso wie hauchzarte, filigrane Tupfer. (...). Jan Schlegel holt aus seinem Bass ungewohnte Klänge heraus, präpariert sein Instrument wenn nötig auch; Dieter Ulrich ist ein poetisch einfallsreicher Drummer, sein Set mal sanft karessierend, dann aber kann er sich wiederum auch in Aufruhr spielen und Energiebomben platzen lassen als eine treibende Kraft. Und Co Streiff? Sie zeigte sich, einmal mehr, als inspirierte Musikerin, die auf ihrem Altsax einen betörenden, auratischen Sound hat, dem man einfach zuhören muss. Unterdessen ist die Band einige Jahre reifer, zwei CD-Aufnahmen sicherer und ausserdem um zahllose Kritiken selbstbewusster geworden. Was sich in früheren Konzerten noch ungeschliffen, explosiv und nicht selten auch schwer kontrollierbar entladen konnte, ist zu einer bisweilen geradezu gelassenen, für die Musiker wie die Zuhörer manchmal schlicht unbegreiflichen Selbstverständlichkeit kondensiert. Wie Christian Rentsch es jüngst formulierte: "Das jahrelange intensive Zusammenspiel hat nicht wie bei vielen anderen Jazzensembles zu jener Abnutzung und Routine geführt, die sich zwangsläufig ergibt, wenn Musiker ‚eindeutige' Stücke, ‚fertige' Kompositionen spielen. Und das ist - wie intensiv man sich mit dieser nicht ganz einfachen Musik auch beschäftigen will - neben dem spontanen Genuss vielleicht die wichtigste bleibende Erkenntnis: Wirklich überraschen können Musikerinnen und Musiker ihr Publikum nur, wenn sie sich bei ihrer Arbeit auch selbst immer wieder von Neuem überraschen lassen." Objects trouvés im Musikcontainer Sie sind kompromisslose Jazzer und wollen dem Mainstream entfliehen. Die Objects trouvés zählen zu dieser raren Spezies und überzeugten am Samstag mit einer stringenten Leistung. Es gibt sie also doch noch, diese Reisen ins Ungewisse, die an die Ränder des Gewöhnlichen und darüber hinaus in neue Weiten führen. Sie zu betreten und sich dort zu orientieren, braucht Mut, ohne Zweifel. Aber dieser Mut wird schliesslich belohnt - und zwar mit Entdeckungen, die selbst die in sicherer Entfernung sitzenden Beobachter machen können. Seit zehn Jahren zusammen Objects trouvés sind eine solche Band, die sich vom Mainstream und seinen Quotenaussenseitern verabschiedet haben, um wirklich die Unbill, die Freuden und Beschwernisse einer freieren Gangart zu zelebrieren. Seit zehn Jahren sind die Pianistin Gabriela Friedli, die Saxofonistin Co Streiff, der Bassist Jan Schlegel und der Schlagzeuger Dieter Ulrich zusammen. Eine Dekade schweisst solche Künstler unweigerlich zusammen. Schliesslich geht man gemeinsam einen Weg, und da arbeitet man für- und nicht gegeneinander. Wenn Objects trouvés zu ihren Reisen aufbrechen, dann tun sie dies mit einer klaren Vorgabe: Sie wissen, was sie als erstes Stück spielen werden - alles andere kommt, wie es kommen muss. Wie das klingt, ist nicht selten vom Auftrittsort oder auch von den Launen und Stimmungen der Musiker, der Musikerinnen abhängig. Da kannes zu enormen Schwankungen kommen. An guten Tagen aber liefert das Quartett einen Gig ab, der eindrücklich und überzeugend daherkommt. Die imaginäre Reise wird klar und lebendig. Sie durchdringt im Laufe der Zeit den Charakter des Einzelnen und legt ihn Schicht um Schicht frei. So geschehen am letzten Samstagabend im Musikcontainer. Unterschiedliche Funktionen Da wäre einmal der Bassist Jan Schlegel, ein engagierter Rhythmusmann mit dem Flair, Strukturen überall etablieren zu wollen. Das gibt der Truppe dann schon einmal einen gewissen Halt und öffnet das Feld für Schlagzeuger Dieter Ulrich. Der wiederum lässt sich eher vom Moment inspirieren, beobachtet, geht auf die Situation ein, um unvermittelt in einem kurzen und heftigen eruptiven Moment für einen Markstein zu sorgen. Streiff und Friedli sind die sensiblen Forscherinnen, die sich ganz der angetroffenen Situation hingeben und darauf eingehen können. So entsteht letzten Endes ein homogener Klangkörper, der aus vier ausgeprägten Individualisten besteht, die sich für einmal - im Musikstil des Jazz ja nicht selbstverständlich - bedingungslos in eine Gruppe integrieren.
Das ist dann beste Werbung für die zweite CD "This Side Up", die das Quartett bei dieser Gelegenheit gleich auch noch im Musikcontainer taufen liess. (bag)
TRIO FRIEDLI / STUDER / ULRICH
Daniel Studer (www.danielstuder.ch)
Freie Improvisation und gemischte Formen von Improvisation und Komposition stehen im Zentrum der Arbeit. Gezielte Auseinandersetzung mit dem Instrument und daraus folgende solistische Tätigkeit.
SCHWEIZER HOLZ TRIO
Drei erfahrene Saxophonisten, drei Musiker, die mit Ihren Projekten die Entwicklung des europäischen Jazz mitgeschrieben haben, gemeinsam auf der Bühne und dann im Tonstudio: Urs Leimgruber, Mitinitiater der Free-Elektrik-Band OM, Hans Koch vom Hardcore-Chambermusic-Trio Koch-Schütz-Studer und Omri Ziegele, einer der Motoren der Zürcher Jazzszene und Leiter des Ensembles Billiger Bauer. Drei Innovatoren, drei Improvisatoren, drei Spieler, drei Klangmaler.
PLAISTOW
Man fragt sich, wie es die Musiker von Plaistow überhaupt schaffen, zu einem gemeinsamen Spiel zu finden. Die Trio-Form ist zwar ein klassisches Konzept, doch weisen die Musiker höchst unterschiedliche Einflüsse auf. Die Jazz-Sensibilität des Schlagzeugers kontrastiert mit der Metal-Energie des Bassisten und einem Pianisten der sich trotz akustischem Piano stilistisch dem Elektro verschrieben hat. Cyril Bondi (dr) und Raphael Ortis (b) sind beide bekannte Genfer Lokalgrößen, die in höchst verschiedenen Formationen mitgewirkt haben. Johann Bourquenez (p) hat seine Lehrjahre auf Wanderschaft in Frankreich absolviert und ist seit 2007 in der Genferseeregion etabliert.
Seit der ersten EP Los Criminales Reciclados En Conductores De Autobuses (2007) setzt sich Plaistow mit musikalischer Frische und unverhüllten Ambitionen über Konventionen hinweg. Ihre Musik wird seit jeher sowohl gratis im Internet als auch auf aufwendig produzierten CDs angeboten, die gleichzeitig ihren Werdegang illustrieren. CDHüllen vom Genfer Zeichner und Graphiker Thomas Perrodin widerspiegeln von den Musikern selbst erfundene Komikfiguren, Symbolik und Inspiration. 2008 geht Plaistow
diesen Weg weiter, sowohl mit ihrer zweiten EP Do You Feel Lucky als auch mit dem Projekt Mobystow - einer Zusammenarbeit mit dem marrokkanischen Rapper Moby Dick, die in Fès eingespielt wird und 2009 unter dem gleichen Namen als EP erscheint. Der Bandsound gewinnt an Originalität, und letztere wird 2009 im Moods / ZH mit dem ZKB Jazzpreis
ausgezeichnet. Jack Bambi, aufgenommen im Studio 2 des Schweizer Radio DRS in Zürich, zieht kurz darauf eine vorläufige Bilanz in Bild und Ton. Unveröffentliches Material wird mit den vollständigen EP-Archiven und einem Live-Mitschnitt eines Konzertes in Genf (Usine)
auf einem CD / DVD Doppel-Album präsentiert.
NICOLS & DEMIERRE
Maggie Nicols
In den späten 1970er Jahren gründete sie gemeinsam mit Lindsay Cooper die Feminist Improvising Group, die europaweit erfolgreich auftrat. Sie war auch die Organisatorin einer multi-medialen Performance-Gruppe Contradictions, die ihre Arbeit 1980 begann. Gemeinsam mit der Pianistin Irène Schweizer und der Bassistin Joëlle Léandre arbeitet sie seit den 1980ern im Trio Les Diaboliques zusammen. Mit dem Pianisten Pete Nu bildete sie ein Duo; mit den Avantgardistinnen Charlotte Hug und Caroline Kraabel spielte sie ebenso wie mit Pinguin Moschner und Joe Sachse im Trio. Auf dem Moers Festival ist sie alleine, in einem Solokonzert, aufgetreten. Regelmäßig arbeitet sie mit einem großen Improvisations-Workshop The Gathering. In den letzten Jahren war sie auch mit Cat's Craddle und Sean Bergins Song Mob (mit Han Bennink, Minton und Michael Moore) auf Tournee. Anfang der 1990er Jahre war er Mitglied im Dedication Orchestra.
Jacques Demierre
Pianist und Komponist Jacques Demierre wurde 1954 in Genf geboren. Sein musikalischer Weg nimmt zahlreiche Richtungen ein: improvisierte Musik, zeitgenössische komponierte Musik, Klangpoesie, Performance, Klanginstallationen. Als Komponist hat er zahlreiche Aufträge für Konzerte oder Tanz erhalten. Als Pianist spielt er mit vielen Gruppen im Berreich der Improvisierten Musik (Barre Philips, Urs Leimgruber, Martial Solal, Radu Malfatti, Joëlle Léandre, Urs Blöch linger, Irene Schweizer, Hans Koch, Carlos Zingaro, Han Bennink, Ikue Mori, Dorothea Schürch,...) und gibt regelmässig Solo-Klavier-Konzerte.
by Samuel Petersen
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